Fahrzeug- und Versorgungsbatterien mögen die Kälte nicht. Immer wenn die Temperaturen sich der Frostgrenze nähren, treten Schwächen zu Tage. So hielt sich auch unsere Wohnraumbatterie an diese Regel und reduzierte bereits im Herbst ihre Kapazität erheblich.
Das Schwächeln traf mich nicht überraschend, denn erste Hinweise gab es schon länger. Die Selbstentladung nahm zu und die Kapazität ging zurück. Nach vier Jahren Wohnmobileinsatz kann eine AGM-Batterie schon einmal kaputt gehen.
Meine Grundanforderungen
Die Auswahl auf dem Batteriemarkt ist sehr unübersichtlich. Versender, Batteriehändler und Wohnmobilwerkstätten bieten die unterschiedlichsten Lösungen an. Nur welche Lösung ist für unsere Gewohnheiten am besten geeignet?
Schnell standen einige Grundanforderungen fest. Schließlich sollte ein Batteriewechsel nicht zum Totalumbau der Elektrik führen.
- Einbauort unter dem Beifahrersitz
- sichere Befestigung ohne neue Bohrungen oder Verschraubungen
- keine Änderung der vorhandenen Kabel
- kein Umbau der Ladetechnik (AGM und Gel möglich)
- Wechselrichterbetrieb oder Solaranlage nicht vorgesehen
Damit sank die Auswahl erheblich. Unter den Sitz passt nur eine Batteriebauform genau hinein. Allerdings gibt es für diese Größe viel Auswahl von vielen Herstellern. Sogar Lithiumbatterien werden für diesen Einbauort angeboten.
Die benötigte Kapazität
Im nächsten Schritt galt es, die benötigte Größe zu ermitteln. Bisher tat ein 95Ah Akku unter dem Sitz seinen Dienst. Die Kapazität reichte im Winter im Heizbetrieb nicht aus, um 48 Stunde ohne Energiesparmaßnahmen im Fahrzeug verbringen zu können.
Neben dem Gebläse der Heizung sind es bei uns Fernseher, Radio und die Computertechnik, die den Bedarf bestimmen. Das LED-Licht trägt nur unwesentlich zum Verbrauch bei.
Im Vergleich mit anderen Besatzungen fallen bei uns zwei Großverbraucher weg. Der Kühlschrank läuft auf Gas und den Kaffee kochen wir nach der alt bewährten Methode mit dem Filter. Daher hält sich unser Energiebedarf in Grenzen.
Nach unseren bisherigen Erfahrungen und Abschätzungen ermittelten wir uns für einen Bedarf von ca. 35Ah pro Tag. Mit unserem Ziel, auch im Winter zwei Tage autark stehen zu können, benötigen wir eine Wohnmobilbatterie mit einer entnehmbaren Kapazität von ca 80Ah.
Wer die Wahl hat, hat die Qual
Bei unserer letzten Anschaffung einer Versorgungsbatterie vor ca. 8 Jahren gab es wenig zu überlegen. Die Gelbatterie ersetzen wir einfach ohne große Überlegungen durch ein baugleiches Model. Leider oder besser: Dank des technischen Fortschritts gibt es heute mehrere Alternativen.
Die AGM-Batterie
In unserem Kastenwagen tut bisher eine 95Ah AGM-Batterie ihren Dienst. AGM-Aukkumulatoren ähneln der klassischen Bleibatterie. Der Hauptunterschied ist es, dass das Elektrolyt in einem Glasfaserflies gebunden ist. (AGM = Absorbent Glass Mat).
Die Batterien sind hochstromfähig und werden auch als Starterbatterien eingesetzt. Daher verkraften AGM-Batterien den großen Energiehunger von Kaffeemaschine oder Föhn.
Einige Hersteller bieten spezielle Ausführen für Wohnmobile an, die eine höhere Anzahl Ladezyklen verkraften sollen. AGM-Batterien benötigen eine angepasste Ladetechnik, um die angegebene Lebenserwartung zu erreichen.
Die Gel-Batterie
Die Gelbatterien funktionieren ebenso nach dem bekannten Prinzip des Bleiakkus. Nur das Elektrolyt ist nicht mehr flüssig sondern geoförmig.
Durch die hohen erreichbaten Ladezyklen waren die Gelbatterien lange Zeit die Standardbatterie in den Wohnmobilen. Mittlerweile haben sie jedoch an Bedeutung verloren, denn die Batterien erreichen nicht die Stromstärken von Blei- oder AGM-Akkumulatoren. Für den Wechselrichtereinsatz taugen sie nur eingeschränkt.
Die Lithium-Batterie
Noch sehr neu im Angebot sind die unterschiedlichen Lithium-Batterien. Diese Akkus sind in unterschiedlichen Arten im Angebot. Nach meiner Einschätzungmist die Entwicklung noch nicht am Ende.
Dieser Batterietyp bietet viele Vorteile gegenüber den unterschiedlichen Bleibatterien. Gewichtseinsparung, sehr hohe Zyklenzahl und die Unempfindlichkeit gegen tiefe Entladungen sind die Hauptargumente für diese Zellen.
Der Hauptnachteil ist derzeit noch der Anschaffungspreis. Hinzu kommt der hohe elektronische Überwachungsaufwand der Zellen. Mittlerweile gibt es jedoch fertige Blöcke, die auch ohne Elektronikkenntnisse verwendet werden können.
Die Bleikristallbatterie
Vor einiger Zeit galt die Bleikristallbatterie im Internet als Allheilmittel. Einige Schreiber in den Foren propagierten die Sonderbauform eines AGM-Akkus als kostengünstige und sehr leistungsfähige Alternative.
Mittlerweile sind die ersten der Batterien bereits auf dem Schrott. Die Ursache ist einfach. Die Bauart erfordert eine hochwertige Ladetechnik mit sehr hohen Ladeströmen, um ein langes Batterieleben zu erreichen. Umfangreiche Umbauten sind erforderlich um diese Batterien im Pössl richtig zu laden.
Unsere Entscheidung
Bis hierher verliefen unsere Überlegungen nach logischen Gesichtspunkten. Jetzt gewann der Technikfreak im Verfasser die Überhand. Ganz klar, den Lithiumzellen gehört die Zukunft.
So begann ich, die einzelnen Angebote näher zu betrachten. Für den Einbauort gab es am Markt mehrere Angebote. Allen gemeinsam war die Bauweise mit eingebautem Batteriemanagement. Die äußere Form der meist von asiatischen Herstellern stammenden Akkus entsprach der klassische Batterie. So sollte ein einfacher Wechsel kein Problem darstellen.
Es dauerte nicht lange und ich hatte meinen favorisierten Akku gefunden. Das Angebot war verlockend. Für unter 1000€ gab es eine Lithiumbatterie die einfach ohne jeden Umbau an die Stelle der defekten Batterie montiert werden konnte. Es gab nur den kleinen Nachteil, dass ein Laden bei Frost nicht möglich wäre.
Der Meinungswechsel erfolgte über Nacht
Wie immer schlief ich noch eine Nacht, bevor der Warenkorb zur Kasse wanderte. Diesmal führte die letzten Überlegungen zum Umdenken. Ein wirtschaftlicher und ein technischer Grund führten zum Meinungswechsel.
Eine für unsere technischen Anforderungen dimensionierte Batterieanlage mit zwei Gel- oder AGM Batterien ist für unter 400€ zu haben. Mit vier Jahren Lebensdauer der Gelbatterie gerechnet, muss die Lithiumbatterie mindestens 1o Jahre halten. Unser Fahrzeug mit einem Euro5 Diesel wird bald 4 Jahre alt. Ich glaube nicht, dass uns unser Pössl weitere 10 Jahre begleiten wird.
Zusätzlich erkannte ich noch einen kleinen Denkfehler. Es wird immer davon ausgegangen, dass die Kapazität der Lithiumakkus fast vollständig genutzt werden kann, während bei AGM- oder Gelbatterien nur ca. 50% zur Verfügung stehen.
Dies ist nicht ganz richtig, denn in Notfällen liefern die herkömmlichen Bleiakkus auch unterhalb der 50%Marke weiter Energie, während die Lithiumbatterie schon abgeschaltet hat. So können die Grundfunktionen des Wohnbereichs noch eine Zeit aufrecht erhalten werden. Natürlich wirkt sich eine tiefere Entladung negativ auf die Lebensdauer des Akkus aus.
Die guten Erfahrungen bestimmte die Batteriewahl
Letztendlich war es die Vernunft, die für den Umschwung von der technisch innovativen Lösung zur bewährten Standardbatterie auslöste. Die Entscheidung zwischen Gel und AGM fiel schnell. Da ich die hohen Ströme der AGM-Batterien nicht benötige, entschied ich mich für Gelbatterien. In der Vergangenheit machte ich mit dieser Bauart nur gute Erfahrungen.
Jetzt warte ich auf den freundlichen DHL-Fahrer, der mir in den nächsten Tagen 50kg Blei vor die Haustür stellen wird. Hoffentlich spendiert ihm DHL eine Sackkarre.
Dann steht dem Umbau nichts mehr im Wege. Endlich darf der Elektriker mal wieder handwerklich arbeiten. Ein entsprechender Bericht wird folgen.
Wichtiger Hinweis: Arbeiten an der elektrischen Anlage eines Kraftfahrzeugs dürfen nur von entsprechend ausgebildeten Fachkräften durchgeführt werden. Die auftretenden hohen Ströme können zu Bränden führen. Für die Arbeiten werden Spezialwerkzeuge und Messgeräte benötigt, die nicht in jeder Hobbywerkstatt vorhanden sind. Dieser Artikel dient nur zur Information und stellt keine Anleitung zum Selbstbau dar.
letzte Änderung 31/03/2023