In den letzten Jahren musste ich leider drei Haushalte von verstorbenen Familienmitgliedern auflösen. Beim Sortieren des Hab und Guts fand ich in jeder Wohnung eine Sammlung alter Bilder. Sogar die sprichwörtliche Zigarrenkiste war dabei. Zum Schluss befanden sich fast 1000 alte Bilder in meinem Besitz.
Ein großer Haufen Bilder
Die Bildgrößen reichten von 4cm x 4cm bis zu DIN A4. Leider überwiegt der Anteil sehr kleiner Fotos deutlich. Einen Teil der Bilder gab es doppelt oder dreifach. Manche Bilder kannte ich, manche Personen konnte ich zuordnen, manche Gesichter hatte ich nie gesehen.
Jetzt stand ich vor der Aufgabe, die Bilder vor dem weiteren Verstauben zu retten. Wie kann ich die Dokumente aus der Vergangenheit der Familie der Nachwelt erhalten?
Das große Sortieren begann. Auf meinem Schreibtisch lagen weit verteilt die ganzen Bilder. Langsam aber sicher verlor ich den Überblick. Die Aktion scheiterte. Nach der ganzen Arbeit blieben nur 2 Stapel übrig. Bilder mit bekannten Inhalt und Bilder mit mir unbekanntem Inhalt. Die ganze Familie beteiligte sich. Einzelne Bilder erhielten eine Beschriftung auf der Rückseite.
Die nächste Idee war, je Sammlung ein Album anzulegen. Ich begann, die erste Sammlung entsprechend vorzubereiten. Das Ergebnis begeisterte mich nicht, da zu viele Bilder aussortiert werden mussten.
Die Digitalisierung der Bilder
Nach weiteren Überlegungen beschloss ich, die Bilder zu digitalisieren und dann mittels Lightroom zu verwalten. Immer wenn es mir meine Zeit erlaubte, scannte ich Bilder. Sobald ich am Schreibtisch saß, lief nebenbei der Scanner. Die entstandenen Dateien importierte ich in einen getrennten Lightroom-Katalog. Die mir bekannten Personen und Ereignisse kennzeichnete ich mit Schlagwörtern. Besondere, klar zuzuordnende Bilder erhielten eine Bildbeschreibung.
Am Ende dieser Aktion hatte ich ca. 400 Bilder identifiziert. Leider standen noch 400 Bilder auf Status „Inhalt klären“.
Im Rahmen der Verschlagwortungsaktion begann ich, einzelne Bilder zu bearbeiten. Es erstaunte mich, was aus den Bildern noch herauszuholen war. Selbst die kleinen 4x4cm Bildchen erlaubten eine leichte Vergrößerung. Eine Anpassung des Kontrasts brachte noch Verbesserungen, wenn es um die Erkennbarkeit von Personen ging. Die gesamte Aktion zog sich mittlerweile über zwei Monate hin.
Der nächste Schritt war die Klärung der unbekannten Inhalte. Jetzt ging es los, die Bilder herumzuzeigen. Dazu lud ich die Bilder auf mein Ipad und nutzte jede Gelegenheit, vorrangig die ungeklärten Bilder zu zeigen. Durch diese Aktion konnte ich weitere Bilder identifizieren. Ab und an entdecke ich Orte, die vor vielen Jahren den Hintergrund abgegeben haben könnten. Auch heute noch gibt es fast 200 Aufnahmen, vorrangig sehr alte Bilder, die sich nicht zuordnen lassen.
Das Ergebnis
Einen Erfolg der Aktion konnte ich schon verbuchen. Zu einer Fotoausstellung zum 1000jährigen Bestehen meines Heimatortes konnte ich viele Bilder beisteuern. Obwohl alle Familienmitglieder mit der Aktion einverstanden waren, blieb bei mir ein kleines Magengrummeln, da die Verjährung des Urheberrechtes bei einigen Bildern noch nicht erreicht war.
Meine Lehre aus der Aktion war es, meine Fotos mit Erinnerungswert und die Bilder der Familie sauber zu kennzeichnen und für die Nachwelt nutzbar zu halten. Wenn dies bei jedem Import gleich erledigt wird, ist der Mehraufwand gering.
Weiterhin rate ich, mit den Senioren der Familie mal deren Sammlungen durchzugehen und die besonderen Schätze zumindest kurz zu beschriften. Nur so kann man verhindern, dass aus den Erinnerungen der Vorfahren nur bedeutungslose alte Bilder von unbekannten Menschen werden.
Zum Schluss eine Entdeckung der besonderen Art: Auf einem Klassenbild von 1935 entdeckte ich, dass über die Hälfte der Gesichter leicht durchgestrichen waren. Mittlerweile kenne ich den traurigen Hintergrund. Alle durchkreuzten Personen verstarben im Laufe des zweiten Weltkriegs. Da wird man beim Betrachten sehr nachdenklich.
Mittlerweile hat es sich in der Familie herumgesprochen, dass ich die alten Bilder pflege und archiviere. So ist es nicht verwunderlich, dass eine weitere Kiste mit Erbstücken bei mir landete. Die bearbeiteten Bilder befinden sich auf vielen Rechnern unserer erweiterten Familie. Insgesamt hat sich die Arbeit gelohnt, ein Stück Familiengeschichte konnte so gerettet werden.