Auf der Insel fahren nicht nur die Autos auf der falschen Seite, auch beim Camping gibt es einige wissenswerteEigenheiten. Da der bisherige Text zum Thema mittlerweile einige Jahre alt war, habe ich mich entschlossen, die Seite grundlegend zu überarbeiten und neu zu schreiben. Schließlich lernten wir auf jeder unserer Reisen durch Großbritannien neue Dinge dazu.
Freies Übernachten
Um es gleich klarzustellen, Großbritannien ist kein Land für Freisteher. Es ist erlaubt, auf Parkplätzen zu übernachten, sofern es keine lokale Regelung verbietet. Daher zieren viele „No Overnight Parking“ Schilder die öffentlichen Parkplätze. Gemein ist es, wenn das Übernachtungsverbot nur im Kleingedrucktem am Kassenautomaten steht. Hinzu kommen die hohe Parkgebühren bei längeren Aufenthalten.
Natürlich lassen sich abseits der Orte geeignete Plätze finden. In Schottland und Wales ist es mit etwas suchen möglich, ein Plätzchen zu finden. Dagegen erschien uns die Suche in Cornwall an der Küste aussichtslos. Die von Hecken umgrenzten Single-Track-Roads vereinfachen die Suche nicht. Gefühlt führt jedes Loch in der Hecke auf den Privatgrund einer Farm.
Eine Falle kann es werden, an der Autobahn zu übernachten. An allen Autobahn-Raststellen ist das kostenlose Parken auf zwei Stunden begrenzt. Anschließend wird eine Tagespauschale von ca. 30 Pfund fällig. Die Überwachung erfolgt automatisch, die Rechnung kommt dann in den heimischen Briefkasten. Bis vor einigen Jahren gab es kaum Hinweise auf dies Vorgehen. Mittlerweile erfordert eine gesetzliche Regelung entsprechende Hinweisschilder.
Reine Autobahnparkplätze, wie in Deutschland, sind in Großbritannien unbekannt. Als Ersatz gibt es kleine Parkbuchten direkt neben der Fahrbahn. Wir trauten uns nicht, auf diesen Parkstreifen das Fahrzeug zu verlassen.
Stellplätze
Dies Kapitel kann sehr kurzgehalten werden. Uns sind keine typischen Wohnmobilstellplätze in England, Schottland und Wales bekannt. Nur in Dover fanden wir einen Parkstreifen an einer Straße, auf dem für 10Pfund übernachtet werden durfte.
Bei den ab und an ausgeschilderten Stellplätzen handelte es sich um einen Campingplatz sehr ähnlichen Anlagen. Auch die Preise entsprachen einem Campingplatz.
Campingführer und Apps
In den deutschen Campingführern fanden wir immer nur einen Teil der britischen Campingplätze. Für die Platzsuche im Rahmen der Reisevorbereitung nutzten wir bei allen unseren Touren die Webseite ukcampsite.co.uk. Die englischsprachige Seite bietet eine komfortable Suchfunktion an. Leider stellten wir diesmal fest, dass auch diese Seite nicht vollständig ist.
Weiterhin bewährte sich wieder die Google-Suche. Mit dem Suchbegriff Ortschaft und Camping werden alle Campingplätze in der Nähe des Ortes angezeigt. Zur Kontaktaufnahme verwendeten wir dann direkt die Webseite des Platzes.
Die verschiedenen Apps für das Smartphone nutzen wir nicht mehr. Immer wieder stellten wir fest, dass die Angaben nicht zu gebrauchen waren. Veraltete Angaben und leere Webseiten zerstörten unser Vertrauen. Manchmal gab es am angegebenen Ort keinen Campingplatz.
Die Campingplatzarten
Die englischen Campingplätze lassen sich grob in drei Gruppen einteilen. Jedoch sind die Grenzen wie immer fließend.
Feriensiedlungen (Campsites)
Häufig verwirren die Hinweisschilder die Besucher vom Kontinent. Ausgeschildert sind Plätze, die nach unserem Verständnis mit Camping nur wenig zu tun haben. Es handelt sich um große Ansammlungen von transportablen Ferienhütten, die dann an die Feriengäste vermietet werden. Meist gehören ein Restaurant und Freizeitanlagen zum Angebot. Einige Anlagen bieten noch zusätzlich ein paar Plätze für Wohnwagen an. Diese Massenunterkünfte erinnern mich immer an Kellermanns Ferienpark aus Dirty Dancing.
Wir nutzten nur einmal einen Stellplatz dieser Art. Obwohl der Platz in Ordnung war, kamen wir uns wie Besucher zweiter Klasse vor. Daher meiden wir mittlerweile die Plätze mit vielen vermieteten Wohnhütten.
Die Anlagen der Campingclubs
In England gibt es zwei große Campingclubs, die ein großes Netz von Campingplätzen betreiben. Die meisten Plätze stehen allen Besuchern offen, wenige Plätze sind nur für „Members only“.
Wer länger auf einem Platz bleiben möchte, sollte eine Mitgliedschaft in Erwägung ziehen, da die Mitglieder wesentlich günstiger übernachten dürfen. Für Ausländer (Continentals) gibt es Kurzzeit-Mitgliedschaften. Weitere Informationen stehen auf den Webseiten der Clubs. Mit der Reservierungsfunktion können dann gleich Plätze des Camping and Caravanning Club und des Caravan and Motorhome Club reserviert werden.
Wir nutzten diese Clubplätze häufiger. Auf einer Reise nutzten wir eine Gastmitgliedschaft, da die Mehrzahl der vorher ausgesuchten Plätze zu einem der Clubs gehörte. Die Mitarbeiter waren immer sehr hilfsbereit und nett. Viele Plätze machten auf uns einen typisch englischen Eindruck (im positiven Sinne).
Die Websites:
The Camping and Caravanning Club – The Camping and Caravanning Club https://www.caravanclub.co.uk
Die Farmcampings
Die Bandbreite der unabhängigen Campingplätze, oft an einem Bauernhof, ist riesengroß. Das Angebot reicht vom großen Platz mit allem Komfort bis zu drei Plätzen auf der Wiese hinter dem Haus. Ebenso groß sind die Unterschiede in der Ausstattung und im Preis. Die besten Informationen bieten die Websites der Farmen.
Die Parzellentypen
Beim Einchecken oder bei der Reservierung sind Entscheidungen gefragt.Angeboten werden drei Gruppen: Zeltplätze, Pitch without Awning und Pitch With Awning. Wörtlich übersetzt geht es Plätze mit oder ohne Markise oder Vorzeit. Oft reicht die kleine Variante, da die Unterscheidung geschichtlich bedingt auf Wohnwagen bezogen ist. Unsere kleine Markise zählte nie als Awning.
- Pitch without Awning: Platz für einen PKW und einen Wohnwagen
- Pitch with Awning: Platz für einen PKW, einen Wohnwagen und ein Vorzeit.
Weiterhin unterscheiden die Betreiber zwischen Hardstanding und Grass. Diese Differenzierung trafen wir selten an, meist waren alle Plätze entweder auf Gras oder auf Schotter. Oft ist nur der Abstellbereich für das Fahrzeug geschottert. So bleibt der Rasen von den Reifen verschont.
Nur ganz selten trafen wir Plätze ohne eine Aufteilung in feste Parzellen. Meist erfolgte die Markierung durch Pfosten oder Linien. Abgrenzungen durch Hecken und Büsche gab es nie. Die Plätze sind überwiegend offen und frei einsehbar.
Das Problem mit der Tür
Unsere Fahrzeuge sind in der Regel so gebaut, dass sich der Hauptausgang und die Markise auf der rechten Seite befinden. Bei den Campingfahrzeugen der Inselbewohner befinden sich die Einrichtungen auf der linken Seite. Auf den Campingplätzen erfordert es daher etwas Überlegung, bevor das Fahrzeug abgestellt wird. Oft stehen Hinweisschilder, die eine Parkrichtung vorschreiben. Leider stimmen die Angaben nicht für uns Linkslenker.
Anderenfalls stehen die Fahrzeuge Tür an Tür. Nicht jeder Camper mag es, wenn der Nachbar seinen Tisch nur einen Meter neben den eigenen Campingmöbeln aufstellt. So ist es zweckmäßig, das Fahrzeug abweichend von der Mehrheit genau in der anderen Richtung zu parken.
Die Stromanschlüsse
Die Campingplätze in Großbritannien sind elektrisch auf dem aktuellen Stand der Technik. Überall konnten wir unsere blauen CE-Kupplungen problemlos verwenden. Manchmal benötigten wir unsere 25m Kabel in voller Länge, um den nächsten Kasten zu erreichen. Die Abrechnung erfolgte immer pauschal und ist häufig schon im Platzpreis enthalten. Auffällig war es für uns, dass die Inselbewohner nur die vorgeschriebenen orangefarbigen Kabel verwenden.
Hunde und andere Haustiere
Entgegen der mitteleuropäischen Praxis gibt es auf der Insel keine Gebühren für die Hunde. Die Haustiere gehören einfach dazu. „Oh no, we have no Tax for Dogs“ hörten wir immer wieder. Häufig gibt es einen extra gekennzeichneten Bereich zum Ausführen der Tiere direkt am oder auf dem Platz (Dogwalk). Jedoch gilt auch hier: Immer das bekannte Tütchen mitführen und benutzen (Clean up!). Zur Entsorgung gibt es spezielle Müllbehälter. Plätze mit Hundeverbot fanden wir nicht.
Die Sanitäreinrichtungen
Die Ausstattung der Sanitärgebäude genügte immer unseren Anforderungen. Leider muss der Reisende einige landestypische Abstriche in Kauf nehmen. So gibt es nur selten Mischbatterien. Am Waschtisch befinden sich ein Wasserhahn für Warmwasser, manchmal besser Heißwasser genannt, und ein Kaltwasserhahn. Das richtige Mischen auf die Wunschtemperatur gehört zu den Übungen, die nur Britten perfekt beherrschen. In den Duschkabinen gab es häufig eine fest voreingestellt Temperatur. Eine Temperaturregelung war selten möglich. Leider gibt es immer noch vereinzelte Münzautomaten, die zum Schnellduschen verleiten sollen.
Auch wenn die Anlagen nicht immer auf dem neuesten Stand waren, erfolgte immer eine regelmäßige Reinigung. Der Wischer zum Reinigen der Dusche war obligatorisch. Nur einmal, auf einem extrem günstigen Farmcamping, fanden wir ein Waschhaus, das fast nicht benutzbar war.
Freie Plätze ohne Reservierung
Da wir bisher immer außerhalb der britischen Sommerferienerwegs waren, fanden wir fast immer einen freien Platz. Die Einschränkung ist erforderlich, da es an den Bankholidays schon einmal schwer werden kann, ein Plätzchen zu ergattern. An diesen Wochenenden ist gefühlt ganz Großbritannien unterwegs. So trafen wir Ende Mai sogar im äußersten Norden Schottlands auf voll belegte Campingplätze.
Die Preise
Leider ist der Urlaub auf der Insel teuer geworden. Die hohe Inflation in GB wirkt sich auf den Campingurlaub aus. So zahlten wir während unserer letzen Reise 2024 zwischen 30€ und 50€ pro Nacht für zwei Personen im Kastenwagen. Meist passte die Regel. Für eine gute Ausstattung muss bezahlt werden.
Die Öffnungszeiten
Normalerweise sind die Öffnungszeiten der Campingplatz Rezeptionen kein Thema. In England ist dies etwas anders. Wir erlebten es oft, dass nach 17:00Uhr eine unangekündigte Anreise nicht mehr möglich war. Da kann ein vorheriger Telefonanruf oder eine Mail Schwierigkeiten vermeiden.
Camping in Großbritannien, unser Fazit
Unter dem Strich gesehen, überwiegten die schönen Seiten des Campings auf der Insel. In Südengland, besonders in Cornwell lernten wir spektakuläre Küstenabschnitte kennen, in Schottland blickten wir Nessi in die Augen und in Wales fanden wir einen unendlichen Küstenpfad. All dies erlebten wir als Camper mit dem Wohnmobil.
Wir lernten freundliche Platznachbarn, nette Warden (Camping Club) und sehr um uns bemühte Platzbetreiber kennen. Einen täglich frischen Blumenstrauß in den Sanitäranlagen, das erlebten wir nur in England.
Es bleibt das Fazit: Camping in Großbritannien ist großartig!
letzte Änderung 29/09/2024